Die Stadt als Text
























Workshop Architekturvermittlung
gemeinsam mit dem Gymnasium Sillgasse Innsbruck
und dem Gymnasium Wörgl, Österreich


Der Gedanke ist genial einfach. Michel Butor, Literatur- und Kunsttheoretiker, fragt sich: Was ist eine Stadt? Die Antwort ist für einen Buchbegeisterten nicht überraschend: Die Stadt ist ein Text, aus dem er liest und über den er nachdenkt. Der Gattung nach geradezu ein guter Roman.



Überall begegnet uns Geschriebenes in den Städten: Hinweis- und Verbotsschilder, Reklametafeln, Denkmalinschriften und jede Menge unsichtbarer Text, gelagert in Archiven und Verwaltungen. In diesen Texten liegen für Butor die Wurzel der Stadt. Wir nehmen die kommunikativen Vorgänge im öffentlichen Raum der Stadt Innsbruck gemeinsam mit den SchülerInnen des Gymnasiums Sillgasse genauer unter die Lupe. Wer knallt uns mit Marken, Logos und Werbebotschaften zu? Wer darf frei plakatieren? Welche Parteien treffen aufeinander?

Nicht nur kommerzielle Interessen werden mit Texten im öffentlichen Raum besetzt. Auch gesellschaftliche, politische,religiöse und private Interessen eröffnen einen Diskurses über die Stadt. Die Texte beschreiben – bisweilen subtil, häufig offensiv – den Wettstreit der Interessen und Meinungen. Ein- und Überschreibungen in den öffentlichen Wahrnehmungsraum buhlen um unsere Aufmerksamkeit.

Wir „nehmen“ die Textschichten von den Fassaden, schreiben, tapen und sprayen diese inhaltlich unverändert auf Demokartons. In einer polizeilich angemeldeten Versammlung tragen die SchülerInnen diese als plakative Frage nach der Kuratorenschaft der Texte in der Stadt durch die Maria Theresienstrasse. Wir ordnen die Botschaften neu und somit die wechselseitige Kontextualisierung. Die tragbaren Texte der Demokartons werden mit den festen Texten der Stadtoberfäche zusammen - gegenüber-, oder übereinandergestellt.

Bei aller Medienvielfalt ist der öffentliche Raum das einzige Informationsmedium, das
allen Menschen gleichermaßen zugänglich ist. Hier kommen sehr viele zu Wort.
Antworten auf die Frage "Wem gehört der öffentliche Raum?" liegen als Texte vor. Man muss sie nur lesen.


Der Workshop fand am 23.05.2016 statt.
Unterstützt wurde er von „culture connected“ 2015/16 („culture connected“ ist eine österreichweite Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Frauen)
Wir bedanken uns bei allen Schülerinnen und Schülern die teilgenommen haben.